Zwischen Tartare de bœuf und Schnitzel – ehrlich und gut essen in Brasserien und Brauhäusern

Von Sandy Neumann

„Madame, Sie haben reserviert?!“ 

Natürlich hatte ich nicht. Nach unendlichen Stunden Stau, Hitze und einem alles verzehrenden Hungergefühl waren wir endlich an unserem Etappenziel angekommen. Besançon, in einer hübschen Schleife des Flusses Doubs gelegen, ist noch immer der Hauptort der Region Franche-Comté und ebenso über viele Jahre eine Station auf dem Weg nach Süden gewesen. 

„Nein, leider nicht. Hätten Sie …?“

Essen in einer französischen Brasserie

Vermutlich ist mein Anblick herzerweichend. Der gestrenge Monsieur, der in der Brasserie du Commerce den Eingang und alle Gäste mit Luchsaugen bewacht und Plätze zuweist, lächelt milde. 

„Das bekommen wir hin. Einen Moment.“

Noch immer in den gut besetzten Reihen geflochtener Stühle vor der Tür stehend, die wie uniformierte Gehilfen vom Tisch-Monsieur aussehen, wagen wir einen Blick durch die meterhohen Fenster mit den langen, grünen Holzsprossen. 

Auf rotem Pannésamt, eingesunken in Gemütlichkeit, labt sich bereits eine illustre Meute. 

„Die tragen gerade Moules frites auf ….und Croque Monsieur.“

Leider an uns vorbei, wir hoffen noch immer auf die Gnade des Monsieurs und auf einen Tisch mit Aussicht auf ein Essen.

„Da kommt gerade ein Omelette vorbei.“

Auch mein Mann ist mit seinen Kräften am Ende und der Wunsch nach etwas Essbarem übermächtig.

„Oh, und kühles Bier …“

Die Gläser auf dem Tablett schwitzen wie wir, uns hängt die Zunge bis fast zum Boden. 

„Messieurs-dames, kommen Sie!“

Mit einer generösen Geste werden wir in die Brasserie gefegt, ich auf einer rotsamtenen Bank platziert, der Liebste gegenüber. Im Handumdrehen klemmt die riesige schwarze Tafel zwischen den Stühlen des Nachbartischs, auf denen die kulinarischen Verheißungen in akribischer Schrift angekreidet stehen. Allerbeste Brasserie-Küche. Simpel, kein großes Menü, einzelne Speisen.

„Ich nehme alles“, höre ich mich sagen und muss sofort an den Spruch meiner Urgroßmutter denken. ‚Die Augen größer als der Magen.‘

Am Ende entscheiden wir uns für ein Tartare de bœuf et Frites, dem Liebsten schwebt das Omelette vor und zwei frisch gezapfte bières pression stehen unverzüglich vor uns. Das rohe, mit dem Messer aufgeschnittene Rindfleisch mit Anchovis, Cornichons und Kapern, ist das Beste, was ich bis dahin gegessen habe, die Frites salzig-fettig-knusprig, es könnte nicht besser sein. 

© Sandy Neumann

Und dann passiert es wieder. Wir sitzen beim Essen und reden über Essen. 

„Brauhaus oder Brasserie, die einfache Küche ist einfach grandios. Kein Schnickschnack, irgendwie ehrlich.“ Ich stecke mir ein paar Frites in den Mund und spüle mit einem Schluck Bier nach, das richtig gut ist. Da hat Frankreich mittlerweile aufgeholt. Auch hier wird ordentlich gebraut. 

„Das Omelette ist köstlich. Erinnert mich an das Bauernfrühstück, das ich gern im Brauhaus nehme. Nur, dass hier keine Kartoffeln drin sind. Und das Steak, das gerade da drüben serviert wird,“ mein Mann nickt nach links, zwei Tische weiter, „… es riecht fantastisch. Das ist genauso ehrlich wie ein Schnitzel.“ 

Für Ausflüge in eine Stadt, an Wochenenden und Feiertagen, auf der Etappe einer längeren Reise, auf der man gern unkompliziert und gut essen mag, ist eine Brasserie in Frankreich oder ein Brauhaus in Deutschland genau richtig. Manche Brasserien in Frankreich kommen elegant daher, manche bisweilen sogar mondän. Oft erzählen sie längst vergangene Geschichten, die einfach in den Wänden und Polstermöbeln hängen geblieben sind. Die deutschen Brauhäuser mögen sich selbst oft rustikal am liebsten. Und mag es auch Unterschiede geben und in Frankreich vielleicht ein bisschen mehr Wein als Bier ausgeschenkt werden, so vereinen sich in den Gerichten kulinarische Streicheleinheiten – Salz und Fett, die den Geschmack geben, Knuspriges für ein unverwechselbares Krachen, Säure, die alles einfängt und wie ein Geschmacks-Booster wirkt. Bitteres Bier hilft, dass sich, gut verdaut, einfach Wohlbefinden einstellen kann und das Gefühl, eine gute Zeit verbracht zu haben. 

 

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