Les confréries: Frankreichs gastronomische Bruderschaften
Vom Brie bis hin zum Burgunder – in Frankreich rücken verschiedene gastronomische Bruderschaften lokale Lebensmittel, Weine und handwerkliche kulinarische Traditionen ins Rampenlicht. Dabei verbinden die „Confréries“ mittelalterliche Rituale mit modernen Feiern und halten auf diese Weise regionale Bräuche lebendig.

Wenn man an Geheimbünde denkt, kommen einem meist obskure Dark-Academia-Rituale, politische Einflussgruppen oder Personen in seltsamen Gewändern in den Sinn. Doch wusstest du, dass es in Frankreich eine Reihe gar nicht so geheimer Bruderschaften gibt, deren Zweck darin besteht, eine bestimmte Speise oder Weinregion zu fördern?
Diese werden als Confréries bezeichnet, und auch wenn ihre Mitglieder manchmal zeremonielle Gabeln schwingen und mittelalterliche Roben aus Samt oder Medaillons in Form von Weinkelchen tragen, handelt es sich dabei keineswegs um eine Art von Cosplay. Vielmehr sind sie echte Institutionen, die die Produkte, Weine und Rezepte einer Region in Ehren halten. Neugierig geworden? Dann tauchen wir in das Thema ein!
Was ist eigentlich eine Confrérie?
Das Wort Confrérie stammt vom lateinischen Wort „confraternitas“ mit der Bedeutung „Bruderschaft“ oder „Zunft“ ab. Solche Verbände existieren schon seit Langem; sie widmen sich den Künsten, mittelalterlichen Ritterrüstungen oder auch kulinarischen Köstlichkeiten wie Quiche Lorraine oder Oeuf Mayonnaise.
Ihre Mitglieder tragen zwar Kostüme und werden bei ihrer Aufnahme „zum Ritter geschlagen“ – doch die modernen Confréries sind alles andere als Schnee von gestern: Ihr Ziel ist es, bestimmte regionale Speisen oder Getränke ins Rampenlicht zu rücken und ihnen mittels einer Handvoll ausgewählter Botschafter eine weltweite Anhängerschaft zu sichern.
Eine Liebeserklärung an das Terroir in seiner ganzen Pracht
Was diese Bruderschaften so einzigartig macht, sind nicht nur die spezifischen Produkte oder Rezepte, denen sie gewidmet sind, sondern auch die besondere Atmosphäre, die bei ihren Zusammenkünften herrscht. In Frankreich ist die Mitgliedschaft in einer Confrérie in der Regel eine Garantie für unterhaltsame Momente mit 700 fröhlichen Teilnehmern – wobei die besten regionalen Speisen serviert und gemeinsam alte Lieder gesungen werden.
Der Zweck dieser Festessen? Die Förderung der französischen Terroirs und Regionen. Denn sie sind es, die Brie, Roscoff-Zwiebeln oder Cavaillon-Melonen zu dem machen, was sie sind. Jedes Produkt erzählt die Geschichte eines Ortes, seines Gebiets und seiner Traditionen, zu denen auch ein besonderes Savoir-faire zählt.
Confréries fungieren somit als lokale Botschafter, die Speisen mit einem Erbe, einer Identität und einer Geografie verbinden. Sie organisieren Verkostungen, Wettbewerbe und Umzüge und arbeiten mit Produzenten zusammen, die sich für die Erhaltung althergebrachter Bräuche einsetzen.
Eine Tour de France unserer Lieblingsbruderschaften
In Frankreich gibt es in etwa so viele Confréries wie Spezialitätengerichte oder Weinregionen. Hier sind einige der bekanntesten Bruderschaften des Landes:
Confrérie du Brie de Meaux (Île-de-France)
Der Brie de Meaux gehört wohl zu den weltweit berühmtesten französischen Käsesorten. Die ihm gewidmete Bruderschaft wurde 1991 gegründet und preist weltweit seine Vorzüge. Ihre Mitglieder tragen cremefarbene Roben und veranstalten verschiedene Events, um die weiche Käsespezialität mit blumiger Rinde bekannter zu machen. Ihre Mission ist es, die Qualität dieses traditionellen Produkts aus roher Kuhmilch und seine traditionellen Herstellungsmethoden anstelle industrieller Verfahren zu bewahren.

© Studio Mir
Confrérie de l’oignon de Roscoff (Bretagne)
Die rosafarbenen Roscoff-Zwiebeln mit ihrem süßen Aroma und ihrer geschützten Ursprungsbezeichnung (AOP) sind in der Bretagne nicht nur ein Teil vieler Rezepte, sondern auch eine Quelle des Stolzes. Sie wurden früher in Großbritannien von bretonischen Bauern und Landarbeitern – den berühmten „Onion Johnnies“ – mit dem Fahrrad von Tür zu Tür verkauft. Die rosa gekleideten Mitglieder dieser Confrérie setzen sich für eine nachhaltige Landwirtschaft und die Unterstützung lokaler Produzenten ein – sowie dafür, das kulturelle Erbe rund um dieses legendäre Gemüse zu bewahren.

© Jean-Claude Dirou
Confrérie de la Quiche Lorraine (Lorraine)
Ja, es gibt sogar eine Quiche-Bruderschaft – und die nimmt ihre Sache ernster, als du dir vorstellen kannst. Sie verteidigt das „wahre“ Rezept der Quiche Lorraine, das – wie du vielleicht weißt – weder Käse noch andere Abkürzungen zulässt. Die echte Quiche Lorraine besteht nur aus Eiern, Sahne und Speckwürfeln in einer buttrigen Kruste. Über diese Grundsatzfrage hinaus widmet sich die Confrérie auch der Förderung des kulinarischen Erbes und der Küche der Region Grand Est.

© L'Est Républicain
Chevalier de l’ordre du melon de Cavaillon (Provence)
Keine französische Region verbindet man mehr mit dem Sommer als die Provence mit ihren duftenden Lavendelfeldern, sonnenverwöhnten Märkten und fruchtigen Roséweinen. Doch unter den vielen saisonalen Schätzen der Region gibt es einen, der alle anderen übertrifft: die Cavaillon-Melone. Der berühmte Schriftsteller Alexandre Dumas ging sogar so weit, der Bibliothek von Cavaillon im Austausch gegen zwölf Melonen pro Jahr bis zu seinem Tod seine gesamte Sammlung veröffentlichter Werke zu versprechen! Heute organisieren die „Chevaliers de l'Ordre du Melon de Cavaillon“ Sommerfestivals, Verkostungen sowie Aufnahmerituale für neue Mitglieder, darunter Landwirte, Köche und sogar einige Prominente. Dabei stehen die Saisonalität und wunderbare Süße dieses provenzalischen Juwels im Mittelpunkt.

© Véronique Pagnier
Commanderie du Sainte-Maure-de-Touraine (Loiretal)
Der Sainte-Maure-de-Touraine ist an seinem Aschemantel und seiner zylindrischen Form zu erkennen und bei Liebhabern von Ziegenkäse auf der ganzen Welt beliebt. Die Mission dieser Commanderie ist es, die traditionellen landwirtschaftlichen Praktiken und Käseherstellungsverfahren zu bewahren, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und Verkostungen auf lokalen Märkten zu organisieren.

© Etienne Merle
Chevaliers du Tastevin (Burgund)
Die Confrérie des Chevaliers du Tastevin, die Bruderschaft der Ritter des Tastevin, ist die französische Weinbruderschaft in Burgund – und die wahrscheinlich renommierteste Confrérie überhaupt. Ihre Mitglieder kommen jährlich zusammen, um die berühmtesten Appellationen der Region zu feiern. Ihr Sitz ist das historische Château Clos de Vougeot, in dem üppige Abendessen, Weinverkostungen und Aufnahmezeremonien veranstaltet werden. Zu den Mitgliedern zählen Sommeliers, Köche und Weinliebhaber aus aller Welt, die ihre Leidenschaft für Pinot Noir, Chardonnay und die burgundische Art de vivre verbindet.

© La confrérie des Chevaliers du Tastevin
Doch was tun diese Bruderschaften eigentlich?
Über ihre Gewänder, Rituale und unterhaltsamen Abendessen hinaus üben die Confréries einen echten Einfluss auf die französische Landwirtschaft und den Tourismus aus. Die von ihnen organisierten Feste, Verkostungen und Veranstaltungen tragen dazu bei, lokale Produkte einem größeren Publikum bekannt zu machen, Produzenten zu unterstützen und kulinarische Traditionen aufrechtzuerhalten, die sonst verloren gehen könnten. Viele Confréries tragen auch zum Schutz der Gütesiegel AOP (Appellation d'Origine Protégée, geschützte Ursprungsbezeichnung) und IGP (Indication Géographique Protégée, geschützte geografische Angabe) bei und sorgen dafür, dass lokale Spezialitäten und das damit verbundene Savoir-faire rechtlich abgesichert sind.
Man kann also ohne Übertreibung sagen, dass diese Bruderschaften in Zeiten der globalen industriellen Lebensmittelproduktion relevanter sind denn je. Sie erinnern uns daran, dass das Lokale nach wie vor eine wichtige Rolle spielt und die Pflege des Terroirs sowie die Zeit, die man sich für die traditionelle Zubereitung von Speisen nimmt, es wert sind, erhalten zu bleiben. Zudem bringen sie Menschen zusammen und schaffen Gemeinschaften, die die Wertschätzung für einen genussfreudigen Lebensstil teilen.
Im Land der tausend Käsesorten und unzähligen kulinarischen Schätze sind die französischen Confréries eine willkommene Erinnerung daran, dass Essen niemals nur Essen ist – sondern Ausdruck von Identität, Erbe und Wertschätzung. Auch wenn diese Bruderschaften nicht gegen Drachen kämpfen und keine Rüstungen tragen, sind sie dennoch Ritter: Beschützer des Geschmacks, des Terroirs und der Tradition!