Der Zauber des Perigord-Trüffel

Von Nikolai Wojtko

Ein Besuch beim Trüffelexperten Ralf Bos

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In diesem Artikel

„Ich liebe die Seele des Trüffel. Denn die Seele des Perigord-Trüffel vermag es, ernsthafte Genießer und ambitionierte Köche zu vereinen.“ Ralf Bos

Trüffel! Sie zählen zu den begehrtesten Zutaten der feinen Küche. Dabei stechen die schwarzen Winter-Edeltrüffel – die Perigord-Trüffel aus Frankreich – aus ihnen heraus. Warum das so ist, fragten wir den deutschen Trüffelexperten Ralf Bos. Er ist der wichtigste Trüffelimporteur hierzulande und wird aufgrund seines umfassenden Wissens rund um die Edelknolle als Trüffelpapst bezeichnet. Wir besuchten ihn in seinem Delikatessengeschäft in Meerbusch.

Nikolai Wojtko: „Lieber Ralf, was macht die Magie der Perigord-Trüffel aus?“

Ralf Bos: „Für mich sowohl als professioneller Koch wie auch professioneller Trüffelhändler ist der Perigord-Trüffel der absolut interessanteste unter den Edel-Trüffeln. Denn er verführt mich dazu, etwas mit ihm zu machen. Wir haben die zwei Seelen des Trüffel: Zum einen bereitet der Trüffel Freude. Das fängt schon beim Suchhund an, der sich über seine Belohnung freut, wenn er die Trüffel erschnuppert hat. Der Sucher freut sich über den Fund, und der Händler freut sich über die gute Qualität. Das geht dann weiter zum Koch, der freut sich über die Frische der Trüffel, die Gäste wiederum freuen sich über das Trüffelgericht. Genauso freut sich der Hobbykoch, der seine Freunde zu einem Trüffelessen eingeladen hat.

Zum anderen sind Trüffel das einzige Lebensmittel, das die Möglichkeit bietet, Speisen zu verzaubern. Das ist anders als bei Chili oder Knoblauch. Man kann dieselbe Speise mit oder ohne Trüffel zubereiten. Aber die getrüffelte Variante ist in allen Punkten attraktiver: Haptik, Nachhaltigkeit, Geschmack. Wenn man ein bekanntes Gericht nimmt und es trüffelt, hat man den Zauber. Denk' an ein einfaches Frühstücksei: Ein Ei ist ein schönes Lebensmittel, man kann es mit etwas Fleur de Sel genießen. Wenn das Ei dann noch getrüffelt wird, erlebt man einen unvergleichlichen Genuss. Ich kenne kein anderes Lebensmittel, das diesen Zauber so bietet wie der Perigord-Trüffel.“

NW: „Was war deine erste Erfahrung mit französischen Trüffeln?“

RB: „Das war 1990. Ich hatte zu dieser Zeit zwar schon Trüffel gehandelt, war aber noch nicht in dem Maße solvent, dass ich sie mir leisten konnte; das gab mein Budget damals nicht her. Zu dieser Zeit traf ich meinen bis heute wichtigsten Händler. Bis dahin waren Trüffel für mich einfach nur ein teureres Lebensmittel, ich konnte die Qualität noch nicht einschätzen. Vor dem Frühstück kam ein Lieferant mit frischen Trüffeln. Es gab gekochte Eier, er schälte die Trüffel, stiftelte sie und spickte das Eigelb mit Trüffel, Fleur de Sel und Butter. Seit diesem Frühstück bin ich Trüffeljunkie. Ich weiß nicht, wie viele Eier wir an dem Tag gegessen haben, es ist nicht mehr nachvollziehbar. Ich meine, es waren zwölf, er meint, es waren achtzehn. Das war der Grundstein für die Trüffelgeschichte, die mich nun schon seit dreißig Jahren begleitet.“

NW: „Besuchst du regelmäßig Besitzer von Trüffelplantagen in Frankreich?“

RB: „Natürlich – da ich relativ tief ins Detail reingehe. Ich versuche, die komplette Lieferkette zu kennen. Ich möchte wissen, wo die Trüffel herkommen. Wo haben die Leute ihrer Sucher? Welche Techniken werden benutzt? Wie offen zeigen mir die Trüffelsucher ihre Fundstellen? Ich pflege langjährige Partnerschaften, so entsteht Vertrauen auf beiden Seiten. Denn auch die Trüffelsucher sind an einer vertrauensvollen und langfristigen Zusammenarbeit interessiert. Daher kann ich relativ sicher sein, dass meine Ware wirklich aus Frankreich ist. Denn natürlich sind Trüffel ein begehrtes und damit teures Lebensmittel. Und alles Hochwertige zieht auch betrügerische Machenschaften mit sich.“

NW: „Und wie kann man sich als Endverbraucher davor schützen, falsche Ware einzukaufen?“

RB: „Nur, indem er bei wirklichen Profis kauft. Früher habe ich Leuten auch mal empfohlen, direkt im Restaurant Trüffel zu kaufen, aber dort ist der Preisaufschlag zu hoch. Günstiger ist es also, Trüffel bei einem Trüffelhändler zu bestellen. Wichtig dabei: Es muss ein Trüffelhändler sein, der immer Trüffel im Angebot hat. Wir sind dafür da, um telefonisch auf die Wünsche unserer Kunden einzugehen und sie zu beraten.“

„Zu wenig Trüffel ist verschenktes Geld.“

NW: „Was sollten interessierte Laien bei der Zubereitung von Perigord-Trüffel beachten?“

RB: „Das Wichtigste überhaupt: Trüffel sollte man für den Tag bestellen, an dem man sie genießen möchte. Denn sie sollten frisch sein, das ist ein wirklich wichtiger Punkt. Vergleiche das mit Erdbeeren: Die sehen nach mehreren Tagen noch schön aus, haben aber ihr Aroma verloren. Die zweite Faustregel: Pro Portion bitte 10 g Trüffel rechnen, sonst kann man es besser sein lassen. Zu wenig Trüffel ist verschenktes Geld.“

NW: „Sollte man Trüffel immer frisch kaufen, oder gibt es auch empfehlenswerte Produkte rund um diesen Edelpilz?“

RB: „Das beste Trüffelprodukt ist Trüffeljus. Denke an Spargel – wenn man ihn kocht, geht der Geschmack ins Wasser. So ist das mit gekochten Trüffeln, die Jus hat einen unglaublichen Geschmack. Im besten Fall besteht eine Trüffeljus nur aus Wasser und Trüffel. In der Welt der professionellen Köche ist Trüffeljus das mit großem Abstand meistverkaufte Trüffelprodukt. Frischer Trüffel und Trüffeljus in Kombination macht jede Sauce zum aromatischen Schwergewicht.“

NW: „In deinem Trüffel-Buch versammelst du auch Rezepte mit Fisch und Perigord-Trüffel – ist das nicht eine ungewöhnliche Kombination?“

RB: „Weißer Fisch und schwarzer Trüffel sind aromatisch füreinander geschaffen. Zwei unterschiedliche Geschmackskomponenten, die sich sehr gut vertragen. Da hat man alles und sollte mit Gewürzen zurückhaltend sein, um den puren Geschmack zu genießen.“

NW: „Perigord-Trüffel – Viele meinen, ihn umgibt ein Geheimnis, stimmt das?“

RB: „Ja. Aber wo das Geheimnis verborgen ist, weiß man nicht. Und doch: Da ist eins und es funktioniert nur mit Winter-Edeltrüffeln aus dem Perigord und den weißen aus Italien, mit allen anderen Trüffelsorten funktioniert das nicht. Man muss diese Faszination einfach erlebt haben. In den ganzen dreißig Jahren, in denen ich mich intensiv mit Trüffel beschäftige, habe ich noch nie eine vernünftige Erklärung darüber gehört, wie Trüffel schmeckt, außer eben nach Trüffel. Es gibt halt nichts Vergleichbares. Trüffel sind die Spoiler für alle Lebensmittel.“

NW: „Was ist dein Lieblingsrezept mit einem Perigord-Trüffel?“

RB: „Eier eignen sich hervorragend mit Perigord-Trüffel. Omelette, pochierte Eier oder Spiegeleier mit Trüffel sind Weltklasse. Ein Onsen-Ei ohne Trüffel tut mir fast weh, denn diese Zubereitungsart schreit geradezu nach Trüffel.“

NW: „Deine Arbeitswoche ist zu Ende, aber du hast noch einen Perigord-Trüffel im Lager – was tust du?“

RB: „Ich nehme mir jedes Wochenende Perigord-Trüffel mit nach Hause. Wenn ich es vergessen haben sollte, fahre ich am Sonntag zurück in die Firma und hole Trüffel zum Frühstück, da kann man mich dann im Bademantel über das Firmengelände huschen sehen.
Trüffel ist das einzige Lebensmittel aus unserem Programm, das mir nie über wird, eher im Gegenteil. Mein persönlicher Bedarf wächst mit der Zeit. Meiner Frau und meinen Kindern geht es genauso: Es gibt nichts, wobei wir alle derart einig sind wie beim Thema Trüffel.“

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Nikolai Wojtko
Nikolai Wojtko

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