Kaffee und Kuchen und quatre heure - Kaffeetrinken meets le goûter

Von Sandy Neumann

„Wir sind zu Kaffee und Kuchen eingeladen, am Sonntag, nachmittags um drei.“ 

Der, der heute mein Mann ist und den ich damals gerade ein paar Wochen kannte, trug mir so den ersten Besuch bei den Schwiegereltern in spe an. Sofort raschelten die Rezeptseiten in meinem Gehirn durch wie die schnellen Bilder eines Daumenkinos. 

Kaffee und Kuchen

Gebäck, Torte, Blechkuchen? 

„Blechkuchen…Ich könnte einen backen, mit Streuseln, richtig dicken Butterstreuseln?“ Überflüssig zu erwähnen, dass ich ein Stück bereits hoffte, damit die Gunst von Mutter und Vater des Liebsten gewinnen zu können. Blechkuchen war für mich ein Heimspiel. Jedes Wochenende wurde gebacken, samstags am Vormittag für den Sonntag Nachmittag. Fast immer Hefeteig, dessen einnehmende Wolke warm, leicht süß-säuerlich durch die Küche zog und der die Jahreszeiten obenauf trug. Ich liebte Stachelbeere, mit Eischnee, die französische Variante Meringue kannten wir nicht. Im Sommer gab es Kirschen, im Herbst Pflaumen und Birnen.   

„Nee, lass’ mal, das lässt Mutter sich nicht nehmen.“ 

© Sandy Neumann

Eine der schönsten kulinarischen Traditionen in Deutschland ist wohl Kaffee und Kuchen oder auch Kaffeetrinken genannt. Es geht etwas Gediegenes, Heimeliges davon aus und irgendwie auch Verbindendes. Die Familie kommt, zumeist sonntags zusammen, der Tisch ist hübsch gedeckt. Liebe und Mühe und Herzlichkeit stecken in Kuchen und Torten und irgendwie auch oft in allen, die am Tisch beisammensitzen. 

Jahre später, in unserer Anfangszeit in Frankreich, versuche ich zu Kaffee und Kuchen einzuladen. Zunächst nur Unverständnis und Fragezeichen beim Gegenüber.  

„Ach so, du meinst le goûter?“ Ein breites Grinsen erfasst das Gesicht und lässt die Augen strahlen. „Das gibt’s eigentlich nur noch für die Kinder. Ist ja nicht so zuträglich für hier.“ Bei hier deutet Patricia auf ihre schmalen Hüften. 

„Ich mochte das als Kind sehr.“ Versonnen schaut sie in die Ferne. „In der Schule gab’s meistens einfach nur eine kleine Madeleine oder ein paar Kekse. Bei Mamie Isabelle ganz klassisch eine Scheibe Brot mit Butter und Konfitüre.“ 

Der Nachmittagssnack, le goûter, quatre heure, wird nachmittags angeboten, die Uhrzeit steckt in der Bezeichnung. Um die Zeit zwischen Mittag und Abend nicht zu lang werden zu lassen, bekommen die Kinder eine kleine Mahlzeit. In französischen Schulen wurde le goûter 1941 eingeführt. 

© Sandy Neumann

Heute erlaube ich mir selbst gelegentlich ein quatre heure, am liebsten eine Tartelette au citron , die Mini-Ausgabe der großen Tarte oder, ein Éclair au chocolat oder etwas Anderes Schokoladiges. Dazu gibt’s einen Espresso oder einen café allongé. 

Meine damals „noch-nicht-Schwiegermutter“ servierte zum Kennenlernen-Kaffeetrinken einen Käsekuchen, der bei uns einfach Quarkkuchen heißt. Die ältesten Rezepte stammen aus Frankreich und sind 600 Jahre alt. Beim Anschneiden war ihrer noch lauwarm, gebacken, wie ich es liebe, genau richtig zwischen weich und fest, goldgelb, mit Zitronenabrieb, ohne Rosinen und einer großen Portion Liebe für ihre „noch-nicht-Schwiegertochter“.

© Sandy Neumann

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