Salzwiesenlamm – eine Delikatesse ohnegleichen!

Von Pierrick Jegu

Yannick Frain kommt aus Roz-sur-Couesnon. Hier im Polder Saint-Louis ist er einer der führenden Lammzüchter der Salzwiesen des Mont Saint-Michel und hat sich mit Leib und Seele seiner Herde und seiner Region verschrieben.

Agneau

Der einstige Zankapfel ist lange begraben: Der Mont Saint-Michel gehört zur Normandie und nicht zur Bretagne. Die gleichnamige Bucht jedoch erstreckt sich über die beiden benachbarten Regionen …  Die Ortschaft Roz-sur-Couesnon und der Polder Saint-Louis liegen in der Bretagne. Polderlandschaften sind besonders für die Niederlande typisch und bezeichnen Land, das der Mensch durch Eindeichen dem Meer abgetrotzt hat. Nach dem Überqueren des letzten Deichs offenbart sich dem Blick ein nahezu unendlicher Horizont, unterbrochen nur hier und da durch einige senkrechte Linien auf den Deichen gepflanzte Baumreihen  sowie in der Ferne die Silhouette der legendären Felseninsel. So weit das Auge reicht, kilometerweise Grasland, das im Rhythmus der Gezeiten regelmäßig überflutet wird: hier sind sie, die berühmten Salzwiesen.

 

Vom Seebären zur Landratte 

22. Mai 2023. Yannicks Tag begann wie üblich bei Tagesanbruch. Er erwartet uns schon auf seinem Hof, den er (fast) sein ganzes Leben lang nicht verlassen hat. Aus Sehnsucht nach der großen weiten Welt hatte er in jungen Jahren auf legendären Schiffen angeheuert, dem Schoner La Belle Poule, der berühmten Belem oder der Bisquine de Cancale. Aus familiären Gründen kehrte er dann früher als geplant wieder aufs Festland zurück, um den von seinen Urgroßeltern 1865 gegründeten Betrieb zu übernehmen. Seither züchtet er Salzwiesenlämmer.

 

Das Heiligtum: AOC und AOP 

An diesem Morgen verbleiben ein paar Muttertiere und ihre Lämmer – einige wurden erst vor ein paar Tagen bzw. am Vortag geboren – im Schutze des großzügig mit Stroh ausgelegten Stalls. Yannick führt uns zu den im sanften Sonnenlicht liegenden Salzwiesen, wo wir auf die restliche Herde treffen: Aus der Ferne nehmen wir sie zunächst als kleine weiße Tupfer in der Landschaft wahr, die sich beim Näherkommen dann als vierbeinige Silhouetten entpuppen. Das Fleisch des Salzwiesenlamms vom Mont Saint-Michel hat seit 2009 die kontrollierte Herkunftsbezeichnung AOC und inzwischen auch die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP, das Pendant der AOC auf europäischer Ebene. AOC und AOP stellen als höchste Auszeichnung für die hiesigen Züchter eine Art Heiligtum dar. Als Präsident des Aufzucht- und Produktionsgebiets war Yannick Frain einer der maßgeblichen Akteure beim Erhalt des Schutzsiegels. Um sich des Logos auch langfristig als würdig zu erweisen, müssen die Züchter die strengen Vorgaben eines Lastenheftes einhalten, bei dem nichts dem Zufall überlassen bleibt, sei es die Rasse der Schafe (in diesem Falle Suffolk oder Roussin de la Hague), das Schlachtalter oder das Verbot von GVO.

© Louis-Laurent Grandadam

Das Geheimnis des Salzwiesenlamms? Alles eine Frage der Ernährung! 

Das Futter der Lämmer hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität des Fleisches. Yannicks rund 800-köpfige Herde ernährt sich von Salzpflanzen (sog. Halophyten), Pflanzen also, die auf salzreichen Standorten gedeihen, darunter Salzschwaden, Salzmelde, Queller und Schlickgräser usw. sie sind es auch, die dem Fleisch seine charakteristische, subtil-salzige Note verleihen. Als regelrechte „Athleten“ sind Yannicks Tiere in der Lage, bemerkenswert lange Strecken zurückzulegen. Ihr Muskelfleisch weist eine wunderbare Marmorierung auf, d. h., es ist mit Fett durchwachsen, wodurch es besonders saftig und schmackhaft wird. Ob gebraten, geschmort oder gegrillt: Lammfleisch ist bei Metzgern und Köchen (nicht nur aus der Region) überaus beliebt und ermöglicht zahlreiche traditionelle, aber auch originelle Zubereitungsarten.  

Schon geht es auf Mittag zu, Yannick hat alle Hände voll zu tun, doch er nimmt sich noch ein paar Minuten Zeit, um auf die FEVAO zu sprechen zu kommen, den Dachverband für die elf französischen Herkunftsbezeichnungen (AOC) von Fleisch (darunter Charolais-Rind, Camargue-Stier, Bresse- und demnächst auch Bourbonnais-Huhn). Als unermüdlicher und engagierter Profi ist Yannick nämlich Vizepräsident des noch jungen Verbands, der sich den Austausch zwischen den Züchtern und die effiziente Kommunikation mit allen Akteuren der Fleischbranche auf die Fahnen geschrieben hat. Und dann ist es auch schon Zeit für das Mittagessen, natürlich im Kreise der Familie, mit seiner Frau Lydia und dem Nachwuchs, Cécile und Alexandre. Auf der Speisekarte steht natürlich Lamm … 

 

Yannick Frain: Polder Saint-Louis, 35610 Roz-sur-Couesnon. Frankreich. > +33(0)6 10 79 62 78  

© Louis-Laurent Grandadam

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