J'adore Chenin Blanc!

Von Ina Finn

Ein Plädoyer für eine der spannendsten weißen Rebsorten

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In diesem Artikel

Lang, lang ist es her, dass ich meine erste Begegnung mit Chenin Blanc hatte. Das muss ca. 20 Jahre her sein. Ich war noch ein Greenhorn in Bezug auf Wein, aber mächtig neugierig, interessante Weine kennenzulernen. Kollegen hatten mir einen Vouvray vom Weingut Huet empfohlen. Wie ein Flitzebogen gespannt, öffnete ich die Flasche und goss mir ein Glas davon ein. Schon die Farbe war besonders: Ein strahlendes Strohgelb. In der Nase vernahm ich Aromen nach reifen Quitten, aber auch Birnenkompott, süßliche Noten nach kandierten Trockenfrüchten. Am Gaumen fühlte er sich herrlich saftig an, so dass ich gleich Lust auf den nächsten Schluck bekam. Da mich dieser Tropfen so beeindruckt hatte, recherchierte ich über den Hintergrund zum Namen Vouvray. Ah – eine Region in der Touraine, im Loiretal, wo nur eine Rebsorte angebaut wird – Chenin Blanc. Bis dato hatte ich von dieser Rebsorte noch nie etwas gehört. Ich erkundigte mich weiter und erfuhr, dass die Rebsorte eine enorme Bandbreite an Weinstilen hervorbringen kann – vom exzellenten Prickler bis hin zum edelsüßen Weißwein. Edelsüß, das war gleich die nächste Vokabel, die ich noch nicht so recht zuordnen konnte. Aber dazu später.

Als Referenzgebiet für Chenin Blanc steht ganz klar das Loiretal. Sie ist dort in den Unterregionen Touraine und Anjou-Saumur zu finden. Doch auch international hat sich die Rebsorte einen Namen gemacht, vor allem in Südafrika. Dort war es eine der ersten Rebsorten, die von französischen Einwanderern, den Hugenotten, mitgebracht wurde. Auch heute ist Chenin Blanc die am meisten angebaute weiße Rebsorte in Südafrika.

Ebenfalls ziemlich am Anfang meiner beruflichen Laufbahn in der Weinbranche probierte ich den Wein aus der Lage „La Coulée de Serrant“. Es ist eine sehr alte und historische Weinbergslage, die bereits im 12. Jahrhundert von Zisterziensermönchen angelegt wurde. Und, welche Rebsorte wächst und gedeiht dort? – natürlich Chenin Blanc!

Schon da wurde mir klar, dass nicht nur der besagte Wein aus dem alten Weinberg, sondern die Rebsorte an sich sehr stark polarisierte. Dieser Eindruck ist auch nach 20 Jahren immer noch der gleiche. Ich brenne in jedem Fall für den Facettenreichtum von Chenin Blanc aus dem Loiretal!

Um sich mit dieser wandelbaren Rebsorte vertraut zu machen, empfehle ich zum Beispiel als trockenen Weißwein einen Anjou Blanc oder Saumur Blanc. Je nach Erzeuger sind es vor allem Weine, die den Rebsortencharakter sehr deutlich zeigen. Nicht selten sind in den Weinen dann Aromen nach Quitten und reifen Birnen auszumachen. Es sind spannende Weine, ohne anstrengend zu sein. Durch ihre rassige Säure können sie sehr gut als Aperitifwein und zu aromatischen Vorspeisen genossen werden.

Je kleiner das Herkunftsgebiet, desto markanter auch der Chenin Blanc – zum Beispiel, ebenfalls aus Anjou-Saumur, aus der Unterregion Savennières. Dort sind die Böden aus Schiefer mit Quarzanteil. Daraus entstehen besonders markante Chenin Blancs, die ein sehr langes Lagerpotential aufweisen. Man könnte sagen, dass Savennières "fortgeschrittener" Chenin Blanc bedeutet. Sei also gespannt, wenn du diese Traube als deinen ersten Kontakt zu einem einzigartigen Erlebnis wählst.

Aber auch das Nachbargebiet, die Touraine, hat sehr feine Vertreter zu bieten, zum Beispiel als Touraine Amboise oder nördlich der Stadt Tours aus der Appellation Jasnières. Die kühlen Böden von Amboise bringen Tropfen mit strahlender Frische hervor. Sie zeigen gelbwürzige Aromen und sind am Gaumen weich und saftig. Somit ideal als Begleiter zu aromatischen Gemüsegerichten, aber auch zu Weichkäse wie Brie oder Camembert, aber auch zu gegrilltem Fisch. In Jasnières bestehen die Böden aus Lehm mit Feuerstein und liegen auf dem berühmten Tuffgestein auf. Dadurch geraten die Chenin Blancs hier kompakter mit intensiver reifer gelber Frucht. Dies sind ideale Begleiter zu pikanten Currygerichten.

Als Coteaux du Layon kann man den Chenin Blanc als süße bis edelsüße Variante kennenlernen. Die Herkunft Bonnezeaux ist eine Unterregion der Coteaux-du-Layon und ist berühmt für seine edelsüßen Chenin Blancs. Sie duften verführerisch nach Trockenfrüchten, Zesten, aber auch kandiertem Ingwer. Es sind tolle Weine zu Dessert und Käse wie Hartkäse mit Quittengelee oder zu Fourme d’Ambert, Gorgonzola mit Birne, Blauschimmelkäse im Allgemeinen. Durch die charmante Süße der Weine sind es durchaus auch passende Begleiter zu asiatischen Gerichten mit gewisser Schärfe. Vor allem Aromen von Ingwer, Zitronengras, aber auch frischem Koriander korrespondieren ideal mit dem Wein.

Wer eher über einen Schaumwein Chenin Blanc kennenlernen möchte, sollte einen Crémant de Loire, einen Anjou Fines Bulles oder einen Saumur Brut probieren. Ein Crémant de Loire ist in der Regel nicht zu 100 Prozent aus Chenin Blanc. Er ist einer der bekanntesten Crémants aus Frankreich und erfreut sich bei uns schon lange großer Beliebtheit. Anjou Fines Bulles steht für einen Schaumwein aus dem Herkunftsgebiet Anjou. Er ist, wie auch der Crémant de Loire und der Saumur Brut, in traditioneller Flaschengärung erzeugt. Der Anteil des Chenin Blancs liegt bei mindestens 80 Prozent. Auch im Saumur muss der Chenin Blanc kein Solist sein. Ein eleganter Klassiker ist zum Beispiel der "Trésor Blanc" Saumur Brut aus dem Hause Bouvet-Ladubay (80 % Chenin Blanc/20 % Chardonnay).

Vor zwei Jahren kam ich wieder in den Genuss, eine besondere Verkostung mit verschiedenen Chenin Blancs der Loire mitmachen zu dürfen. Von trocken bis edelsüß war alles dabei, auch noch aus verschiedenen Jahrgängen. Auch da zeigte sich für mich wieder die Größe der Rebsorte. In manchen Jahren als trockener, rassiger Wein mit vibrierender Säure. Ein Jahrgang weiter waren dann die Bedingungen danach einen Wein mit Schmelz und verzückender Süße auf die Flasche zu bringen. Genau dies, fasziniert mich an der Rebsorte, die Bandbreite an Stilen und das Spektrum an verschiedenen Aromen.

Ganz besonders sind die edelsüßen Chenin Blancs aus Vouvray. Durch die Lage am Fluss und durch bestimmte Witterungsbedingungen wie Nebel, Wind und Sonnenschein, entwickelt sich ein Pilz, „Botrytis cinerea“ oder auch Edelfäule genannt, welcher die Schale der Beere perforiert, wodurch das Wasser in der Beere zum großen Teil verdunstet. Dadurch konzentriert sich der Zuckergehalt extrem und die Weine, die aus diesen Trauben bereitet werden, haben ihren ganz eigenen, hochkonzentrierten Duft und Geschmack. Durch die der Rebsorte eigenen Säure erscheinen auch die edelsüßen Tropfen in keiner Weise pappig süß, sondern elegant, lebendig und sind äußerst lagerfähig.

Es mag sein, dass ich die Liebe zu Chenin Blanc durch eine rosarote Brille sehe, aber es ist eine Liebe, die nach so langer Zeit nach wie vor frisch und lebendig ist.

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Ina Finn

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